Das Leben wollen wir feiern, denn heute ist Ostern. DAS Fest des Lebens schlechthin. Jedes Lebens.
Doch während ich dies sage zittern in Syrien gerade Menschen um ihr Leben. Machen sich in der Ägäis vielleicht andere auf eine lebensgefährliche Reise ins Ungewisse. Mit wackeligen Schlauchbooten hinaus aufs offene Meer. Riskieren ihr Leben, um dem Tod zu entkommen.
Der Autor und Friedenspreisträger Navid Kermani hat sich auf die Spuren der Flüchtlinge gemacht. Während einer Reportagereise hat er auch die Insel Lampedusa besucht. Er hat mit angesehen, wie ein Kriegsschiff Menschen an Land bringt, die es zuvor aus höchster Not gerettet hat. Aus einem wackeligen Schlauchboot auf dem offenen Meer. Er beschreibt, wie Soldaten die Geretteten behutsam an Land geleiten. Schritt für Schritt auf sicheren Boden. Es sind jene, die es geschafft haben. Die ihr Leben gerade noch einmal geschenkt bekommen haben, an der Mole im Hafen von Lampedusa. „Ich zittere“, schreibt Kermani, „so ergriffen bin ich, das Leben zu sehen, das nackte Leben wie bei einer Geburt oder beim Sterben, das Leben, als was es ist: ein Geschenk.“
Klingt wie eine Ostergeschichte, finde ich. Eine Geschichte vom Triumph des Lebens über den Tod. Also, lasst es uns feiern, das Leben, denn heute ist Ostern.
Martin Wolf, Zwischenruf